Damir Agovic

U15 Trainer, Eintracht Frankfurt

 

 

Damir Agovic, Trainer der U15 von Eintracht Frankfurt. Damir stand bereits als Spieler im Dienst der Adlerträger, musste seine Karriere jedoch aufgrund einer Knieverletzung frühzeitig beenden. Seitdem folgten Trainerstationen im Juniorenbereich u.a. über Fulda, dem SV Wehen Wiesbaden, wieder zurück zur Eintracht. Parallel zur U15 absolviert er seit Anfang 2019 den Fußball-Lehrer-Lehrgang, um eines Tages eine Profimannschaft in der 1. Bundesliga zu trainieren.

 

 

Emanuel Bozan: Damir Agovic, ein Name, der hoffentlich bald in der Bundesliga zu lesen ist. Mit gerade einmal 30 Jahren, so ambitioniert, absolvierst du ja gerade den Fußball-Lehrer-Lehrgang mit einem ganz klaren Ziel…

  

Damir Agovic: Selbstverständlich! Mein mittelfristiges Ziel ist es in der Bundesliga zu arbeiten.

  

Klare Aussage. Nicht nur in einem unserer Gespräche, sondern auch in einem deiner Interviews, konnte ich die Entschlossenheit heraushören, dass du unbedingt im Profibereich in der Bundesliga arbeiten möchtest als Trainer. Was motiviert dich so sehr?

 

Das Ziel, Profi zu werden, hatte ich schon als Spieler. Leider wurde es mir verwehrt durch eine Knieverletzung. Ich fing dann als Trainer an, mit einem ganz klaren Ziel, eines Tages in der Bundesliga zu arbeiten, um einfach dann über diesen Weg in die Bundesliga zu gelangen, das von klein auf mein Ziel war.

 

Ist Julian Nagelsmann ein kleines Vorbild für dich, weil er auch noch sehr jung ist?

 

Ich glaube Julian hat für uns alle eine Tür aufgerissen, für die jungen Trainer, für die Trainer, die vielleicht keine große Fußballkarriere hatten. In einer gewissen Weise schaue ich mir viel von Julian ab, aber mein klares Vorbild ist ein anderer Trainer.

 

Der wäre?

 

Marcelo Bielsa.

 

Marcelo Bielsa?

 

Marcelo Bielsa hat Chile bei der Weltmeisterschaft 2010 trainiert und war Trainer bei Argentinien. Ein Riesentrainer, was seine Spielphilosophie angeht. Er setzt die Ausbildung des Spielers und die Schönheit des Spiels vor das Ergebnis. Er hat in Chile den kompletten Fußball verändert, aber auch in Argentinien. In Spanien und Südamerika ist er sehr bekannt, in Deutschland jedoch leider noch sehr unbekannt, warum auch immer. Selbst ein Pep Guardiola sagte über ihn, dass er der beste Trainer der Welt sei.

 

Du bist jemand, der sich kontinuierlich weiterbilden möchte. So hast du auch bereits bei Bayern München hospitiert, in der Zeit von Pep Guardiola. Was hast du dort mitgenommen und wie hast du die Begegnung mit Guardiola empfunden?

 

Guardiola ist für mich jemand, der den Fußball zu meiner Zeit sehr geprägt hat. Wenn man sich die Zeit bei Barcelona anschaut, aber auch bei Bayern München, sieht man welche Bewegung er daraus gemacht hat und wie viele Trainer seinen Fußball spielen lassen wollen. Damals hat es mich schon begeistert, wie er das Training leitet. Alles dreht sich um das Spiel mit dem Ball. Ich kannte das vorher so, dass man gegen den Ball arbeitet, weil man so ausgebildet wurde. Er war aber jemand, der mir die Augen geöffnet hat, durch die Dominanz, Selbstsicherheit, diesen Fußball spielen zu wollen. Das war etwas Besonderes für mich das live zu erleben. In meiner anfänglichen Trainerzeit haben mir diese Attribute noch gefehlt, wo ich dann aber gesagt habe, das ist genau das was ich noch brauche und implementieren möchte.

 

Kommen wir zu deinem Junioren-Team, der U15. Was macht dir besonders Spaß in der Zusammenarbeit mit jungen Spielern?

 

Bei meinen jungen Spielern ist es extrem auffallend, dass sie lernwillig sind, hungrig sind. Ich liebe Menschen, die sich entwickeln wollen, die ihre Ziele klar verfolgen. Das sieht man oft bei jungen Spielern sehr häufig im frühen Alter, die sich Tag für Tag verbessern und Profis werden wollen. Sie wollen auf diesem Weg vieles mitnehmen, vieles lernen. Das hilft mir in meiner persönlichen Entwicklung als Trainer unheimlich, mit lernwilligen Spielern zu arbeiten.

 

Der Fußball ist ja in allen Belangen nicht nur schnelllebiger geworden, sondern auch jünger. Das heißt Profi zu werden, wird man im Verhältnis zu früher, schon in jungem Alter. Die Trainer sind jünger. Steigt da auch gleichzeitig der Druck für die Spieler schon viel früher, also auch bereits bei dir in der U15?

 

Sicherlich! In der U15 ist es ja teilweise so, dass inzwischen viele Berater und Scouts am Spielfeldrand zuschauen. Die Spieler werden ja teilweise in der U14 und U15 von großen Vereinen abgeworben wie Stuttgart, Bayern, Dortmund. Das war früher nicht der Fall. Somit wächst auch der Druck. Jeder will Berater haben, die Berater mischen sich im U14 und U15 Alter bereits ein. Früher ging das erst ab der U17 oder U19 los. Heute ist es so, je früher sie ihr Talent zeigen, umso mehr steigt der Druck auf der anderen Seite.

 

Die nächste Frage hast du mir ein bisschen vorweg genommen in Bezug auf die Berater. Sie stehen ja teilweise bereits massenhaft bei einem Spiel der U15 als Zuschauer da. Wie stufst du die Tatsache ein, dass junge Spieler in diesem frühen Alter vom Beratergeschäft „verrückt“ gemacht werden?

 

Jede Seite hat sicher Vor - und Nachteile. Vorteile sind, dass die Spieler früher entdeckt werden. Eventuell eine bessere Möglichkeit haben zu einem besseren Verein zu wechseln. Dadurch könnten Sie eventuell eine bessere Ausbildung haben und einen besseren Fokus haben. Aber auf der anderen Seite haben sie so natürlich viel mehr Druck. Mit der Schule, mit dem Fußball, mit den Anforderungen, die an sich selbst gestellt werden, alles unter einen Hut zu bringen. Wenn die Karriere am Tag X nicht mehr so gut läuft, dann spielt natürlich die Psyche eine große Rolle. Wenn man die Chance, die man bekommen hat, nicht so nutzen konnte, wie es eigentlich gedacht war. Dann ist es so, dass man es erstmal ertragen muss und es somit sehr schwer ist, damit umzugehen. Wenn man in der U15 ein großartiger Spieler war, der von allen Bundesligisten gejagt wurde und später in der U 19 und danach feststellt, dass man keinen Vertrag mehr erhält und am Ende 5. oder 6. Liga spielt, ist es sehr schwierig damit umzugehen.

 

Von der U15 bis hin zu den Profis und Euroleague spielen ist ja ein weiter Weg. Welche Eigenschaften sollte ein junger Spieler mitbringen, um diesen Weg zu meistern?

 

Zuallererst eine Einstellung, die ihn dazu bringt, eine Selbsteinschätzung zu haben, was er wirklich kann. Ein Selbstvertrauen zu haben und sich tagtäglich einzugestehen, ich kann alles schaffen, wenn ich Tag für Tag über meine Grenzen gehe. Diese Einstellung braucht jeder Spieler, um diesen Weg zu meistern. Talent ist wichtig, aber Talent alleine wird keinen Spieler zum Profi machen, weil die Masse an Spielern so enorm und die Ausbildung so im Detail ist derzeit, dass sich am Ende nur die durchsetzen, die am Ende genau diese Einstellung haben. Oft sieht man das auch im Jugendbereich. Spieler, die im jungen Alter hoch gehandelt wurden, es am Ende jedoch nicht schaffen. Und die Spieler mit denen man am Anfang nicht gerechnet hat, die schaffen es dann doch nach oben. Und das hat eben meiner Meinung nach nur mit der Einstellung zu tun. Wie nehme ich das an, wie arbeite ich und wie viel bin ich bereit dafür zu geben.

 

Also eine gewisse Mentalität?

 

Nur das! Am Ende zählt nur das!

 

Ich beobachte bei so vielen jungen Spielern, auch in meinem Coaching, dass die Freude am Fußball oft unterdrückt wird oder kaum zum Vorschein kommt. Kannst du das bei dir auch in der U15 bereits beobachten?

 

Ich als Trainer in der U15 eher nicht so. Ich beobachte schon, dass sie Spaß haben. Selbstverständlich ist es so, wenn man mal ein schlechtes Spiel absolviert hat oder man gar nicht gespielt hat, oder kritisiert wurde für die Leistung, da kann das Selbstvertrauen kurz sinken. Aber in ganz hohem Maße, ist es schon so, dass sie Spaß haben bei mir in diesem Alter. Und vor allem im U15 Alter ist das Denken Profi zu werden noch nicht so hoch, wie in der U17 und U19, wo es dann vielleicht etwas anders aussieht und der Druck dort noch höher ist.

 

Viele junge Spieler unterscheiden sich in ihrer mentalen Stärke. Würdest du sagen, die Arbeit im Kopf, an der eigenen Persönlichkeit, sollte so früh wie möglich beginnen?

 

Ja absolut! Ich bin ein Riesenfan davon, was das Selbstvertrauen angeht. Diese mentale Stärke ist das A und O im Fußball, vor allem auch im Jugendbereich. Denn am Ende schaffen es so wenige. Die Frage die sich dann stellt, ist, was passiert mit den Spielern, die ihre ganze Jugend auf ihre Karriere, Profi zu werden, gesetzt haben und dann scheitern und auf dieses Scheitern nicht vorbereitet sind. Was passiert dann? Umso wichtiger ist es somit, aus der mentalen Stärke in den Profibereich zu kommen. Da habe ich aber auch ganz ehrlich das Gefühl, dass wir dafür noch zu wenig tun und wir die Spieler in diesem Bereich noch mehr ausbilden müssen. Weil auch da haben wir sicher ein Riesenpotential, dass die Spieler sich enorm entwickeln können und davon profitieren in ihrer Karriere.

 

Welche Verantwortung kann ein junger Spieler aus deiner Sicht bereits selbst tragen und welche Verantwortung übernehmen du und deine Kollegen als Trainer für diese Jugendlichen?

 

Verantwortung kann ja vieles heißen und bietet ein breites Spektrum. Ich glaube, dass allgemein, um es ein bisschen zu vereinfachen, Spielern Verantwortung zu übertragen, sicher der Wunsch vieler Trainer ist. Jedoch muss man die verschiedenen Charaktere berücksichtigen, die auch aus unterschiedlichem Hause kommen, wo sie in unterschiedlichen Lebensverhältnissen aufwachsen, die einen sind etwas wohlhabender, andere weniger. Durch das eigene Ich, durch die Erfahrung zu Hause und auch in der Schule, können sicher manche von sich aus mehr Verantwortung tragen und manche eben weniger. Daher muss man als Trainer besonders abwägen, welchem Spieler lege ich wie viel Verantwortung auf. Einige sind offener und andere ziehen sich eher zurück. Andere sind mutiger, die anderen sind es weniger. Hierbei geht es vor allem darum, das Mittelmaß zu finden, das ist wohl das Entscheidende, was ein Trainer berücksichtigen muss. Jedem Spieler, dieselbe Verantwortung zu übertragen, wäre sicherlich nicht der richtige Weg. Genauso ist es aber falsch, gar keinem Spieler Verantwortung zu übertragen. Wer kann wie viel auf seinen Schultern tragen, das ist die Frage.

 

Also spielt das Umfeld eine große Rolle?

 

Das Umfeld ist ganz wichtig! Es ist nicht nur für die fußballerische, sondern auch für die persönliche Entwicklung enorm wichtig, für die Psyche und für das Mentale. Das Umfeld ist für mich, mit das Wichtigste. Wen hat man im Hintergrund, wer schützt dich und stützt dich, wenn es mal nicht so gut läuft, aber auch wenn es gut läuft. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Punkte extrem wichtig sind und enormen Einfluss haben.

 

Dein abschließender Satz an alle Jugendtrainer in Bezug auf die persönliche Entwicklung des Nachwuchses, der beginnt mit ICH….

 

 

Ich wünsche mir, dass alle Trainer in Deutschland, das Ergebnis beiseitelassen und sich komplett auf die Ausbildung der einzelnen Spieler fokussieren!