Christopher Hübner

Spielerberater, Bundesliga

 

 

Christopher Hübner hat sich vom Ex-Profi bei Darmstadt 98 zum Spielerberater in der Bundesliga etabliert. Seine Fußballkarriere musste er frühzeitig verletzungsbedingt aufgeben, sodass er seinen ganzen Fokus auf die Spielerberatung legte. Der Name Hübner ist in der Bundesliga längst bekannt. Vater Bruno Hübner fungiert seit mehreren Jahren als Sportdirektor bei Eintracht Frankfurt. Die Brüder Benjamin und Florian spielen seit Jahren in der Bundesliga. Benjamin aktuell bei der TSG Hoffenheim und Florian bei Union Berlin, beraten durch den großen Bruder Christopher.

 

 

Emanuel Bozan: Chrisi, auf dem Halberg in Wehen (jetziger 2. Ligist SV Wehen Wiesbaden) das Laufen begonnen, über 3. Ligaeinsätze bei Darmstadt 98 zum Spielerberater in der Fußball-Bundesliga entwickelt! War das so geplant?

 

Christopher Hübner: Grundsätzlich ist es natürlich immer schwer im Profifußball langfristig zu planen und diese Entwicklung war definitiv nicht geplant. Mein Ziel war natürlich länger im Profibereich zu spielen, dennoch bin ich glücklich und dankbar für diese schöne Zeit. Leider gehören Verletzungen im Profifußball dazu, so wie es in meinem Fall auch war. Da ich natürlich gerne im Profifußball weiter arbeiten wollte und ich meinen Brüdern als Ratgeber schon zur Seite stand, hat sich der Beruf als Spielerberater angeboten. Und so ist das dann auch gekommen.

 

Kannst du dich noch an unsere gemeinsame Jugendzeit beim SV Wehen erinnern?

 

Ja, natürlich kann ich mich gut daran erinnern! In dieser Phase war deine Entwicklung weiter und ich konnte dies später aufholen. Um Profifußballer zu werden, ist es auch wichtig, Trainer zu haben, die dein Talent sehen und dich entsprechend fördern. Dieses Glück hatte ich unter dem guten Trainer Ralf Peuckmann gefunden. Ohne ihn hätte ich den Sprung nach oben wahrscheinlich nur schwer geschafft.

 

Trotzdem warst du dann derjenige von uns, unter den ganzen Talenten, der es dann nach oben geschafft hat!

 

Das stimmt wohl. Wichtig ist, dass du trotzdem an dich glaubst, weiter hart an dir arbeitest und Mentalität entwickelst. Das war wohl dann auch der Ausschlag, warum ich es dann geschafft habe und andere nicht.

 

Was bleibt dir in Erinnerung als Jugendspieler? Vielleicht ein bestimmter Moment?

 

Die Aufstiegsspiele in die Bundesliga. Das sind natürlich Momente, die vergisst man nicht.

 

Was war dein Motiv, warum du unbedingt Profi werden wolltest?

 

Ich wollte unbedingt Profi werden, weil ich den Fußball über alles liebe. Ich konnte mir nichts anderes vorstellen. Mit der Schule konnte ich mich nicht so identifizieren. Ich hatte also nicht wirklich andere Interessen außer den Fußball, dem ich alles untergeordnet habe. Mein Vater Bruno war Profi, auf den habe ich hinaufgeschaut. Ja wir wollten das unbedingt schaffen.

 

Was hat dich angetrieben jeden Tag aufs Neue deinen Traum wirklich zu leben?

 

Wenn man allein um 15:30 Uhr die Konferenz angeschaut hat, war das schon Ansporn genug. Wir haben ja auch etwas kleinere Brötchen gebacken anfangs noch beim SV Wehen. Wir kamen nicht von einem NLZ. Uns hat damals die 1. Mannschaft schon angetrieben, die damals in der Regionalliga kickte, als es noch keine 3. Liga gab. Das war schon erst einmal ein großes Ziel von meinen Brüdern und mir. Das hat uns schon enorm angetrieben, zu sagen, mindestens einmal für die 1. Mannschaft vom SV Wehen in der Regionalliga zu spielen. Dass es dann noch weiter geht, 2. und 1. Bundesliga, daran haben wir anfangs noch gar nicht gedacht.

 

Was würdest du sagen war aber deine Energiequelle?

 

Meine Energiequelle war vor allem mein Vater. Er hat immer alles hinterfragt, positive Kritik gegeben, mich motiviert, mir Tipps gegeben. Daraus habe ich immer viel Kraft geschöpft. Ich habe mich dadurch aber auch immer etwas unter Druck gesetzt gefühlt. Mein Vater war damals der Sportdirektor vom SV Wehen und so wurde oft auch ein besonderes Augenmerk auf meine Leistung gerichtet. Dann war das natürlich nicht immer so leicht, aber er war definitiv meine Energiequelle.

 

Ist er auch heute noch deine Energiequelle?

 

Definitiv! Mein Vater ist mein Vorbild schlechthin. Wir alle 3 Brüder schauen auf ihn. Was er erreicht hat, ist der Wahnsinn. Er selbst war Profi in der Bundesliga bei Kaiserslautern, hatte sich dann schwer verletzt. Angeheuert beim SV Wehen hat er sie dann von der A-Klasse in die 2. Bundesliga geführt mit allen Funktionen - Spieler, Trainer und Sportdirektor dann zum Schluss. Und jetzt eben noch der Sportdirektor von Eintracht Frankfurt in der 1. Bundesliga. Ja, absolutes Vorbild.

 

Du hast eben den Druck angesprochen aufgrund der großen Erwartungshaltung an dich. Wie hat sich das angefühlt für dich?

 

Ich habe es eben ja bereits angesprochen. Druck war definitiv zu spüren, weil du ja auch eine gewisse Angriffsfläche bietest. Dein Vater ist Sportdirektor und du spielst in der dortigen Jugend. Dann wurde auch mal leicht gesagt, wenn du nicht die Leistung bringst: „Ja der spielt nur wegen seinem Vater“. Aber mit der Zeit hast du auch deine gewissen Erfahrungen gemacht. Du entwickelst dann daraus eine Stärke, weil du es sowieso nicht jedem recht machen kannst und du musst dich einzig allein auf dich fokussieren. Auf deine Stärken vertrauen.

 

Hast du im Nachhinein irgendetwas bereut?

 

Bereuen ist vielleicht das falsche Wort. Aber manchmal denke ich, dass ich noch mehr hätte geben können, noch mehr Professionalität zeigen können. Mit dem heutigen Wissen wäre die Verletzung, die mein Karriereende bedeutet hat, vielleicht nicht passiert. Die Professionalität ist sicherlich heute eine andere, denn damals wurden die Trainingsinhalte ausschließlich auf Masse und Kraft gelegt. Heute sind Prävention, Ernährung, Athletik, Schnellkraft und Spielerbetreuung wichtige Faktoren. Wir haben uns vor allem über die Einstellung definiert, über die mentale Stärke und den Kampf.

 

Du hast eben die Professionalität angesprochen. Was würdest du sagen, welcher Begriff, welche Eigenschaften beschreiben die Professionalität am besten?

 

Die Selbstdisziplin vor allem! Aber auch die Einstellung zum Leistungssport, zu allem. Das Ganze auch eins zu eins auf das Leben übertragen. Ich denke, dass man immer wissen muss wo man herkommt. Man muss demütig sein. Man muss hart arbeiten für seine Träume, Ziele und dass man sich selbst auch immer hinterfragt und jeden Tag aufs Neue das bestmöglichste aus sich herausholt, um immer besser zu werden.

 

Wie wichtig ist für dich Demut?

 

Ich denke das ist eine sehr wichtige Eigenschaft. Demut hält dich am Boden. Demut zeigt dir wo du herkommst und ist die Basis dafür, was du mal erreichen kannst. Das solltest du immer vor Augen haben, denn das gibt dir Kraft und vor allem Stärke!

 

Auf dem Weg zum Profi, gab es Opfer die du bringen musstest, Thema Verzichte?

 

Ich habe einige Opfer gebracht, was auch mein Vater mir immer gezeigt hat. In dieser Zeit war ich ganz selten mit meinen Freunden abends unterwegs und habe bewusst auf Alkohol verzichtet. Ich wusste damals noch nicht einmal was eine Diskothek ist. Ich habe versucht, auch neben dem Platz mich ständig mit Fußball zu beschäftigen. Wenn Freunde angerufen haben, ob wir rausgehen wollen heute Abend, dann habe ich eben auch verzichtet und gesagt, dass ich daheim bleibe, weil ich morgen ein Spiel habe.

 

Wie bist du mit Niederlagen/Enttäuschungen im Leben, im Fußball umgegangen?

 

Niederlagen waren natürlich immer sehr schmerzhaft. Ich konnte nie gut verlieren. Es geht im Leben aber nicht immer nur bergauf, sondern Niederlagen gehören einfach dazu. Umso wichtiger ist es, dass man die Möglichkeit darin entdeckt, gestärkter denn je zurückzukommen aus einer Niederlage oder auch einer Enttäuschung. Man sollte aus seinen Fehlern lernen und versuchen, auf den Fußball bezogen, das nächste Spiel besser zu bestreiten.

 

Was würdest du mit deinem jetzigen Bewusstsein anders machen?

 

Einiges würde ich anders machen. Ich dachte zum damaligen Zeitpunkt, dass ich vieles richtig gemacht habe, aber mit meinem jetzigen Bewusstsein, mit der Erfahrung jetzt und auch der Entwicklung im Sport, hätte ich auf die Ernährung ganz anders geachtet. Mir wurde immer nur gesagt Nudeln, Nudeln, Nudeln. Heute würde ich sogar evtl. aufgrund der neusten Erkenntnisse auf eine vegane Ernährung umstellen, um einfach alles zu optimieren. Wie wichtig guter, gesunder, ausreichender Schlaf überhaupt ist, war mir damals nicht bewusst. Der Biorhythmus mit klaren Schlafzeiten gehört sicherlich auch dazu. Das sind alles kleine Faktoren, die ich ändern würde. Auch die Trainingsmethoden an sich gehören dazu.

 

Konntest du in der damaligen Zeit bei Darmstadt 98 und auch auf dem Weg dahin der Christopher sein, der du warst, bist?

 

Das ist eine gute Frage. Ja mehr oder weniger. Ich war ein sehr emotionaler Spieler und bin beim ein oder anderen Trainer mal angeeckt. Ich hätte mir jetzt im Nachhinein schon gewünscht, dass ich bei Darmstadt mehr aus mir herausgekommen wäre und mir nicht so viel gefallen lassen hätte.

 

Würdest du sagen, da hat dir noch ein bisschen Persönlichkeit gefehlt?

 

Ja definitiv Persönlichkeit!  Das hat natürlich auch etwas mit Selbstbewusstsein und Reife zu tun. Ich war sowieso ein Spätzünder und wohl auch ein bisschen zu naiv. Ich habe zu sehr darauf vertraut, was der Trainer zu mir gesagt hat und habe mich damit zufrieden gegeben. Ich hätte sicherlich mehr Initiative ergreifen sollen und mehr meinen Standpunkt vertreten müssen.

 

Glaubst du, dass die mediale Welt Einfluss auf den jungen Fußballer nimmt? Wenn ja, wie? Thema Instagram, Facebook etc.

 

Absolut! Das nimmt total Einfluss. Ich finde es schon sehr grenzwertig und es ist ein schmaler Grat. Instagram, Internet ist absolut irgendwo auch ein Scheinweg. Jeder zeigt sich, präsentiert sich aber immer nur von seiner besten Seite, d.h. besser als er eigentlich ist. Ja, es geht es eben viel um Scheinwelt. Und gerade als Fußballer muss man eben auch vorsichtig sein, was man postet, wie man es postet und nach außen darstellt. Denn man ist eine Person der Öffentlichkeit und vertritt auch den Arbeitgeber.  Da ich Spielerberater bin, weiß ich, dass auch Vereine auf so etwas achten und das ist auf jeden Fall mit Vorsicht zu genießen. Man sollte auf jeden Fall auch gut beraten sein in solchen Sachen.

 

Du bist ja inzwischen Spielerberater in der Bundesliga und ich weiß, dass du diesen Beruf auch lebst und eine starke Begeisterung dafür mitbringst. Was liebst du besonders an diesem Job?

 

Was ich am allermeisten liebe ist natürlich, dass ich mit Fußball zu tun habe und vor allem auch mit jungen Menschen arbeite, wo ich versuchen kann die Karriere so zu steuern, dass sie erfolgreich werden kann. Es gibt nichts schöneres für mich, als einen Spieler aus dem Juniorenbereich oder einem „unterklassigen“ Verein in die 1. oder 2. Bundesliga zu transferieren und ihn auf diesem Weg zu begleiten. Dann bin ich stolz und froh, weil ich ein paar Prozente daran Anteil hatte, dass er Erfolg hat und dann den nächsten Schritt geht. Das ist mein Ansporn.

 

Wo siehst du die größte Schwierigkeit/Herausforderung in diesem Job im Umgang mit jungen Spielern aber auch mit gestanden erfahrenen Profis?

 

Die Schwierigkeit liegt im Vertrauen. Es gibt eine Masse an Spielerberatern und darunter natürlich auch viele schwarze Schafe. Das wissen natürlich die Spieler auch. Und da eben sehr viel unseriöses Zeug, mit viel Versprechungen an die Spieler herangetragen wird, ist es natürlich immer schwer für die Jungs herauszufiltern, wem kann ich jetzt vertrauen und wem nicht.

 

Du hast ja vorhin erwähnt, dass dir in der Zeit bei Darmstadt 98 auch ein Stück Persönlichkeit gefehlt hat. Für wie wichtig stufst du die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit im Profifußball ein?

 

Mittlerweile ist es total wichtig! Gerade durch Social Media ist alles eben noch viel mehr gewachsen. Man hat viel mehr Interviews zu geben. Man ist viel mehr im Fokus. Der mediale Einfluss hat enorm zugenommen, TV, Presse. Das ist so etwas, was sich am meisten entwickelt hat in der Branche. Deshalb ist eine Medienschulung sinnvoll.

 

Und die Persönlichkeit im übertragenen Sinne auf dem Fußballplatz?

 

Ja auch. Das hat sich auch entwickelt. Man achtet jetzt mehr darauf, dass man nicht mehr diese Typen hat, die ständig anecken. Man sucht eher den Typ, der eine Persönlichkeit auf dem Platz ist, seine Mitspieler anfeuert, motiviert, und Verantwortung übernimmt. Es geht darum eine gesunde Mischung im Team zu haben.

 

Welche Ziele verfolgst du noch persönlich für dich?

 

Für mich persönlich - Ich will natürlich weiter reifen und weiter lernen in diesem Beruf. Ich bin mit 33 Jahren noch relativ jung für diese Branche und bringe trotzdem schon viel Erfahrung mit. Mein Ziel ist es, das Netzwerk weiter auszubauen und noch viele gute Spieler dazu zu gewinnen.

 

Welche Werte lebst du und sind für dich sowohl als Mensch, aber auch im Fußballgeschäft wichtig?

 

Für mich ist es sehr wichtig, dass man, wie bereits erwähnt, demütig ist. Dass man sich selbst treu bleibt, dass man weiß wo man herkommt, dass man hart arbeiten muss, sowohl als Mensch in einer Beziehung aber auch auf dem Fußballplatz. Dass man Tag für Tag immer das beste geben muss, da privat und im Fußball eben alles auch irgendwo ein Kampf ist.

 

Dein letzter abschließender Satz in Bezug auf deine Lebenseinstellung, der beginnt mit ICH......

 

Ich versuche jeden Tag besser zu werden als am Tag zuvor!